In seiner Gendarmenmarkt.de-Kolumne berichtet der Graf über sich und Berlin. Anekdoten vom Hof und Hinterhof in Text, Vers oder Zeichnung.
„Schönheit vor Adel“
Von Lo Graf von Blickensdorf
Wie heißt noch mal das kleine Wörtchen mit den 5 Buchstaben? Na? Richtig! Danke. So habe ich es schon als junger Dachs gelernt. Und auch: „Mit dem Hut in der Hand, kommt man durch das ganze Land.“
Ich komme darauf, weil ich heute Morgen über die Friedrichstraße promenierte und mir sehr bewusst auffiel, dass meine Mitmenschen mir nicht mehr in Kaufhäusern die Tür aufhalten, auch wenn sie bemerken, dass ich ganz dicht hinter ihnen bin. Rumms – knallte mir die Glastür vor die Nase.
Dass man sich umwendet, wenn man durch eine Tür geht, um zu sehen, ob einem jemand folgt, ihr oder ihm die Tür aufzuhalten – das nennt man Rücksicht, wird aber so gut wie gar nicht mehr praktiziert. „Schönheit vor Adel“ sage ich manchmal augenzwinkernd lächelnd und lasse jemandem Vortritt. Sofort bekomme ich ein Lächeln zurück. Mir ist es jedoch mehrmals passiert, dass junge Leute, denen ich als älterer Mensch die Tür aufhielt, mich erstaunt angestarrt haben, als hätte ich mich ihnen in schamverletzender Weise gezeigt. Auf die Idee, „Danke“ zu sagen, kamen Sie nicht. Daran erkennt man, dass die meisten Menschen nicht mehr wissen, wie man sich in der Öffentlichkeit verhält.
Danach wurde ich von zwei mir entgegenkommenden russisch sprechenden Frauen, die mit großen Einkaufstüten behangen waren, dermaßen grob angerempelt, dass ich glaubte, mich auf einem Football-Spielfeld zu befinden. Ich landete auf den Fahrdamm und wäre fast noch von einem Taxi auf die Haube genommen worden. Kein Wort der Entschuldigung kam über die üppig gebotoxten Lippen der Damen. Noch nicht mal auf Russisch.
Und als ich mir später bei einem Bekleidungsdiscounter interessiert diverse Krawatten besah, fuhr mir eine Verkäuferin mit einem rollenden Kleiderständer mit vollem Karacho dermaßen in die Hacken, dass ich kurz die gesamten Sterne unseres Universums vor Augen hatte (des Abends, als ich mich bettfertig machte, entdeckte ich sogar eine blutverkrustete Wunde am Fuß!). Als ich die Verkäuferin höflich bat, beim nächsten Mal doch ein wenig besser aufzupassen, bekam ich nur die zickige Antwort: „Tja, wir müssen alle ein wenig mehr aufpassen!“ Beim Krawattenanschauen etwa?
Ich fordere aus vorliegenden Gründen eine „Benimmstunde“ im Schulunterricht, denn Lehrer und Eltern wissen ja meist selbst nicht mehr, wie man sich richtig benimmt. Zumal sich die Zeit sehr verändert hat, mit all ihren hochtechnisierten Smartphones, dem Emailverkehr, der das Briefeschreiben fast völlig verdrängt hat und dem neumodischem Skype-Telefonieren, das man tunlichst kurz nach dem Aufstehen vermeiden sollte. Lautes Telefonieren mit dem Handy in der U-Bahn, während die Mitreisenden still lesen oder vor sich hindösen – da sollte eigentlich jedem klar sein, dass er rücksichtslos wie ein Ochse handelt. Es heißt schließlich Smartphone und nicht Schreiphone. Natürlich sollte man sich auch nicht verbiegen. Der Maler Francis Bacon definierte einmal gutes Benehmen so: „Die eigene Würde bewahren, ohne die Freiheit anderer zu stören.“
Aber es gibt noch Lichtblicke. Als ich mich später in einer kleinen Patisserie am Rande des Gendarmenmarktes niederließ, um zu konditern, fragte mich höflich die Servierkraft mit einem charmanten Lächeln: „Haben Sie sich schon entschieden?“ Nach diesem schönen Satz war ich mit dem Tag wieder versöhnt.
Hiermit fordere ich von meinen Mitmenschen etwas mehr Kultur! Höflichkeit und gutes Benehmen sorgen nämlich für ein friedliches Miteinander – denn im Krieg gibt es erwiesenermaßen keine Kultur!
Schön, dass Sie meine bescheidenen Zeilen hier bis zum Schluss gelesen haben. Und vielleicht auch beherzigen? Danke.
Eintrag vom 16.02.2015
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